Fordlândia and Belterra

Vertiefungsarbeit, Pedro Tosatto Siedel, 2021

Aerial View of Fordlandia, Brazil, 1934
Aerial View of Fordlandia, Brazil, 1934

Anfangs des 20. Jahrhunderts boomte der internationale Markt für natürliches Gummi, da zu jener Zeit der Prozess der synthetischen Gummiherstellung noch unbekannt war. Das Naturprodukt fand Verwendung in den unterschiedlichsten Bereichen der Industrie. Doch der wichtigste Industriezweig der Gummiwirtschaft war ohne Zweifel die zur jener Zeit boomende, US-amerikanische Automobilindustrien. Jedoch stammte fast die gesamte, weltweite Gummiproduktion des frühen 20. Jahrhunderts aus den britischen Kolonien im südostasiatischen Raum. Folglich war der Grossindustrielle und Automobilpionier Henry Ford bei der Beschaffung von natürlichem Gummi an die von der britischen Regierung festgesetzten Preisen gebunden. Um sich von dieser Abhängigkeit zu lösen und autark in der Gummiproduktion zu werden, beschloss Ford seine eigene Kautschukplantagen zu errichten. Für Ford war es das naheliegendste, Kautschuk in seinem natürlichen Habitat anzubauen - dem südlichen Amazonasbecken. Nach nur wenigen Verhandlungen gewährte die Regierung des brasilianischen Bundesstaates Pará im Jahr 1927 der Ford Motor Company eine Konzession für die freie Bewirtschaftung von ca. 20’000 km2 Boden am östlichen Ufer des Rio Tapajós - einem Arm des mächtigen Rio Amazonas. Auf der eben genannten immensen Fläche entstand im Jahr 1928 die Industriestadt Fordlândia

.Basierend auf einer umfangreichen literarischen Recherche, sowie persönlichen Übersetzungen von Quellen aus dem Portugiesischen in die deutsche Sprache untersucht die Arbeit in einem ersten Schritt den geschichtlichen Hintergrund, die Beweggründe von Henry Ford sowie die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Stadtgründung.

In einem zweiten Schritt wurde der Aufbau und die Organisation von Fordlândia, sowie die verschiedenen Typologien der von Ford in Einzelteile zerlegten und per Schiff importierten Gebäude anhand CAD-rekonstruierte Pläne analysiert und diskutiert. Darüber hinaus kommt es zu einem Vergleich zwischen Fordlândia und Belterra, einer weiteren Stadtgründung Fords am Amazonas, nachdem es zu Schwierigkeiten in Fordlândia kam.

In einem dritten und letzten Schritt versucht die Arbeit, gestützt auf die literarische Recherche und die rekonstruierten Plänen, aufzuzeigen, wie Fords Prinzip der Fliessbandfertigung in den unterschiedlichen Massstäben der gebauten Umgebung der beiden Städten zu erkennen ist und wie die Architektur als Instrument diente, um ökonomischen Aufschwung zu repräsentieren, politische Ziele zu erreichen und einen Teil Brasiliens zu industrialisieren und zu kolonialisieren.


JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert