Die Leuchtreklame im Berliner Stadtbild der 1920er Jahre

Vertiefungsarbeit, Luana Günthardt und Emilie Sauter, 2022

Vergrösserte Ansicht: Friedrichstrasse, 1928, unknown
Friedrichstrasse, 1928, unknown

«Die Reklame ist auf dem Weg, die Architektur zu verdrängen.», schrieb der Architekt Hugo Häring in einem Artikel in der Zeitschrift Architektur und Schaufenster 1927. Die Verbreitung der Leuchtreklame und die damit verbundene Transformation des Stadtbildes löste in der Weimarer Republik eine rege Debatte aus. Aus fotografischen sowie schriftlichen Überlieferungen geht hervor, dass sich Widerstand gegen eine willkürliche Anbringung von Lichtwerbung bildete und der Wunsch einer Rücksichtnahme von Werbemitteln auf die Architektur, respektive einer Harmonisierung von Reklameträger und Fassade, aufkam. Es positionierten sich Interessensgruppen, die die Leuchtreklame befürworteten, ablehnten oder gestalterische Anforderungen an sie stellten. Konträr entwickelten sich die Anliegen des Heimatschutzes und die Bedürfnisse der Industrie. Durch die Forderungen des Heimatschutzes nach Gesetzen zur Anbringung von Reklame nahm die Debatte eine politische Dimension an. Architekturschaffende hatten sich einerseits auf einer theoretischen Ebene zu positionieren. Andererseits fand, unter anderem angetrieben von den Gesetzen, auch eine aktive Auseinandersetzung mit der Leuchtreklame in der Architekturpraxis statt.

Diese Arbeit untersucht die Entwicklung der Debatte um die Leuchtreklame, sowie deren Manifestation im Berliner Stadtbild im Kontext des Neuen Bauens der 1920er Jahre. Es wird die Hypothese aufgestellt, dass die Leuchtreklame einen prägenden Einfluss auf die Architektur des Neuen Bauens hatte und als neues architektonisches Element konstituierend auf den Fassadenentwurf wirkte. Andererseits wird davon ausgegangen, dass die Leuchtreklame diese Relevanz nur durch ihre weitreichende Präsenz in zeitgenössischen Diskursen erreichen konnte. Entsprechend wird dargelegt, durch welche interdisziplinären Absichten die Integration von Lichtwerbung in die Architektur begünstigt wurde. Dabei wird auf die Positionierung der Architekturschaffenden auf theoretischer Ebene eingegangen und zugleich anhand von drei Bauvorhaben untersucht, wie sich die Lichtwerbung explizit in den architektonischen Ausdruck des Neuen Bauens in Berlin einschrieb, und welche Rolle sie im Entwurfs- und Bauprozess spielte. In den Darlegungen der Bauvorhaben wird die Beziehung zwischen der Debatte, deren politischen Resultate und der Architekturpraxis veranschaulicht.

 


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