Das "hässlichste" Haus von Gentofte: Das Poul Henningsen Hus als gebaute Kulturkritik

Vertiefungsarbeit, Charlotte Neyenhus, 2024

Historische Aufnahme der Ansicht vom Garten
Historische Aufnahme der Ansicht vom Garten

1937 baute Poul Henningsen ein Einfamilienhaus für sich und seine Familie in Gentofte, einer Gemeinde nördlich von Kopenhagen. Henningsen, der trotz seines architektonischen Werkes vielen heute wohl vor allem auf Grund seiner Lampendesigns bekannt ist, war neben seiner Tätigkeit als Designer und Architekt auch Dichter und insbesondere Kritiker. Sein kritisches Werk zeigt Inhalte der öffentlichen Debatte während seiner Lebenszeit auf und insbesondere seine Rolle als Redakteur der Zeitschrift Kritisk Revy von 1926 bis 1928 macht ihn zu einem der bedeutendsten Vertreter des dänischen Kulturradikalismus.

Die Vertiefungsarbeit untersucht die These, dass eben dieses 1937 erbaute Haus, das er selbst einmal als «hässlichstes» Haus von Gentofte bezeichnete, wichtige Aspekte seiner Kultur- und Architekturkritik aufgreift und somit als gebaute Kulturkritik verstanden werden kann. Bei der Untersuchung dienten neben Literatur von und über ihn auch Gedichte, Fotografien und Pläne sowie über Henningsen verfasste Chroniken als literarische Grundlage, um ein vertieftes Verständnis seiner persönlichen Geschichte und Weltanschauung zu erlangen.

Das Poul Henningsen Hus entspricht in vielerlei Hinsicht Positionen, die Henningsen in seinem kulturkritischen Werk vertreten hat. Deutlich wird dies einerseits in der Grundrissdisposition, die seine Ansicht eines modernen Familienlebens verräumlicht, aber auch dem Materialeinsatz und der Ausgestaltung der Innenräume. Das Haus kann als seine Auffassung eines zeitgemässen architektonischen Ausdrucks und auch als Provokation gegenüber damaligen gesellschaftlichen Vorstellungen interpretiert werden. Gleichermassen wie Materialisierung und Grundriss zeigt auch die damalige Inneneinrichtung Henningsens Position in einer Schnittstelle von Tradition und Moderne auf.

 

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