Japan Pavillon
Ausstellung, 26. Mai bis 25. November 2018, Venedig Biennale Japan Pavilion
Unter Einfluss mannigfaltiger Modernisierungswellen veränderte sich die japanische Gesellschaft während des 20. Jahrhunderts grundlegend. Während ein starker Anstieg industrieller Produktivität ein zuvor ungekanntes Ausmass an ökomischen Reichtum und sozialem Wohlergehen generierte, führten sie doch zu einer gleichzeitig stattfindenden Spezialisierung und Fragmentierung grosser Teile des gesellschaftlichen Gefüges Japans. Diese Transformationsprozesse schlugen sich als ihr sichtbarster Ausdruck in Architektur, Städtebau und Landschaftsplanung nieder und werden seit einigen Jahren zusehends von einer Reihe von Architekten in Frage gestellt.
In dieser Neubeurteilung spielen Architekturzeichnungen als traditionelles Instrument zur Konzipierung, Organisierung und Ausführung eine bedeutende Rolle. Nebst ihrer Funktion als einfache Anleitung zum Bau eines Gebäudes bieten sie sich als ideales Werkzeug an, Architektur kritisch zu hinterfragen, dokumentieren und evaluieren. Gleich ethnographischer Herangehensweisen erlauben sie verschiedene Nutzungen, Bedürfnisse und Bestrebungen zu untersuchen – aus menschlicher wie nicht-menschlicher Akteursperspektiven. Darüber hinaus bilden sie die Basis für einen kollektiven Ansatz, individualisierte, aber gemeinsam genutzte Umgebungen in einer globalisierten Welt zu gestalten.
Das Ziel der Ausstellung besteht deshalb darin, „Architektonische Ethnographie“ als alternativer Ansatz zur Auseinandersetzung mit unserer Gesellschaft zu formulieren. Die Zeichnungen erstrecken sich von Konstruktionsspezifikationen über strukturräumlichen Diagrammen hin zu Karten von urbanen Hybriden und Grossstrukturen ländlicher Bauern- und Fischerdörfern im Zustand der Nachwirkungen von Naturkatastrophen. Diese Kollektion von rund 42 Zeichnungen aus aller Welt und der letzten 20 Jahren reflektiert eine Suche nach einer neuen Herangehensweise des Zeichnens – von, für, zwischen und um – unsere Gesellschaft, eine „Architektonische Ethnographie“, welche in universitären Entwurfsstudios, Architekturbüros oder in künstlerischer Praxis entstanden ist. Im Erdgeschoss erlauben verschiedene Gerätschaften eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Ausstellungsobjekten und helfen dabei, diese Stück für Stück zu entziffern. Der offene Raum im Untergeschoss mit seinen Strassenmöbeln und Yatai-Karren bietet sich hingegen als Ort der Diskussion, des Ausruhens, des Lernens und Essens an – oder ganz einfach als Treffpunkt.
Architectural Ethnography ist eine Zusammenarbeit zwischem dem Lehrstuhl für Architectural Behaviorology von Momoyo Kaijima und dem Lehrstuhl für Architekturtheorie von Laurent Stalder am Departement für Architektur der ETH Zürich. Beauftragter: The Japan Foundation. Kuratoren: Momoyo Kaijima, mit Laurent Stalder und Yu Iseki. Kuratorische Assistenz: Simona Ferrari, Tamotsu Ito, Andreas Kalpakci. Landschaftsberatung: Christophe Girot. Grafik: neucitora.